Betrittst
du mit unsicheren Füßen, weil du nicht weißt was dich erwartet, eine neue
Kultur, so findest du dich unweigerlich in einer Landschaft voller
Fettnäpfchen. Sich an die jeweilige Kultur anzupassen ist höflich, wenn auch
scheinbar absolut nicht selbstverständlich für alle Touristen die hier nach
Ruanda kommen. Kleidung ist schon mal ein Punkt. Sich nach sommerlichen
deutschen Maßstäben zu kleiden, in Short und Top ist hier nun mal etwas wenig.
Aber solche Dinge fallen einem ganz automatisch nach einiger Zeit auf wenn man
nicht sehr ignorant ist. So bin ich schon darauf bedacht mich der Kultur anzupassen,
ich bin schließlich Gast in diesem Land und versuche in die einmal getretenen
Fettnäpfchen, beim zweiten Mal auszuweichen. Ich bin diese ganze Sichtweise
somit vorrangig ich-zentriert angegangen, bis es einen Tag in der Schule eine
Situation gab, wo sich das alles plötzlich umdrehte.
Ich stand
mit Jane (einer guten Freundin von mir, die aus Kenia kommt und 2 Jahre älter
ist als ich) in der Schule vor einem Klassenraum, die Kinder waren gerade nach
Hause gegangen. Jane befahl mir, ihr
ihre Schuhe neu zuzubinden. Ich glaube in diesem Moment war sie in ein
Fettnäpfchen meiner Kultur getreten. Befehlen ist mir generell fremd, ich
denke, dass meine Generation in Deutschland sehr liberal erzogen wurde.
Diskussionsbereitschaft und Hinterfragen sind Eigenschaften die in Schule und
Alltag beigebracht und erwartet wurden. Von daher bin ich an „höfflich fragen“
oder „um einen Gefallen bitten“ gewöhnt und „Befehle“ gerade von fast
Gleichaltrigen empfand ich als ungewohnt und unhöflich.
In den
meisten afrikanischen Ländern ist der gesellschaftliche Aufbau und die
Rangordnung jedoch ganz anders als in Deutschland. Jeder der jünger ist als man
selber ist einem untergeordnet und egal welches Alter man erreicht, Kinder sind
den Eltern generell nie gleichgestellt. So habe ich das hier zu mindestens
erlebt und erklärt bekommen. Deswegen hat Jane schon mal das Recht mir etwas zu
befehlen. Soviel zu den Befehlen aber daran hatte ich mich zu dem Zeitpunkt
schon gewöhnt. Viel mehr ging es um die Art ihres Befehls. Jemandem anders die
Schuhe zu zubinden tut man bei uns ja eigentlich nur bei kleinen Kindern die
das noch nicht können oder bei kranken oder alten Menschen die das gerade nicht
oder nicht mehr können. Einem völlig gesunden Menschen die Schuhe zu zubinden
kam mir erst mal als frech vor, da ich es zuerst als ihre eigene Faulheit
wahrnahm. Aber das Entscheidende was dazu kam, war eher das Gefühl der
Erniedrigung was mit dem Niederknien vor jemanden verbunden war. Ich spürte das
ganz deutlich, dass ich, jedenfalls meinen kulturellen Vorstellungen
entsprechend, dabei war mich vor jemandem fast gleichaltriges freiwillig zu
erniedrigen. Und das kam mir falsch vor.
Jane hat
dann bemerkt wie sehr ich mit mir selber am ringen war um die Entscheidung und
ich denke dass das eine gute Erfahrung für uns beide war. So war sie nämlich
auch mal in eins meiner Fettnäpfchen getreten. Ihre Schuhe habe ich ihr
übrigens dann doch zugemacht und obwohl es echt ein merkwürdiges Gefühl war
habe ich es als wertvolle Erfahrung verbucht. Ich weiß jetzt nicht ob ihr das
anhand dieser simplen Situation verstehen könnt die ich jetzt hier so
ausgeführt habe, aber für mich war das etwas Besonderes!
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